Editorial Rot&Weiss 5/2021: VERÄNDERUNG ERNST NEHMEN
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
manchmal dauert es, bis Neues selbstverständlicher Teil unserer Routinen wird. Das passiert sogar, wenn Veränderungen schon länger stattfinden. Im Fall der Zahntechnik betrifft das natürlich die Bereiche neue Technologien und Materialien und die Art und Weise, wie sich unser Beruf insgesamt gewandelt hat – und weiter verändert. Es wird bald keine Zahntechnik mehr geben, die ohne digitale Mittel auskommt. Für Zahnlabore und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird es aber nicht nur wichtiger, ganz selbstverständlich mit neuen Technologien umgehen zu können. Auch der Rahmen unserer Arbeit hat sich verändert. Bestehen wird in Zukunft, wer nicht nur sehr gute technische Qualität, sondern auch speziellen, individuellen Service bietet. Ja, guter Zahnersatz entsteht natürlich nur, wenn Fachleute am Werk sind und mit modernsten Methoden und besten Materialien arbeiten. Aber: In diesem Prozess werden die gemeinsame Planung und das Teamwork zwischen Patienten, Zahnärzten und Zahntechnikern immer wesentlicher. Zahntechnik heißt heute eben auch: Kommunikation und Austausch. In der neuen Meisterprüfungsordnung (MPO), die wir in den vergangenen Jahren mit Experten entwickelten, spiegelt sich dies wider.
In der Art und Weise, wie sich viele auf die erste Prüfung gemäß der neuen MPO, die im Sommer stattfand, vorbereitet hatten, spiegelt sich leider etwas anderes wider. Noch immer nehmen viele die Herausforderungen, denen sich die Zahntechnik gegenübersieht, nicht ausreichend ernst. Bei der Meisterprüfung in Baden zeigte sich das, indem mehr als die Hälfte der Antretenden durchfiel. Und das nicht zuletzt, weil sie in den neuen Schwerpunktbereichen nicht ausreichend vorbereitet waren.
Bei der neuen Meisterprüfung geht es eben nicht nur um technische Fertigkeiten. Die Zahntechnik von heute und morgen verlangt Umfassenderes (siehe auch Seiten 10/11). So liegen die Schwerpunkte neben neuen Technologien, neuen Materialien und ihren Eigenschaften auch auf der Arbeit und Kommunikation mit Ärzten und Patienten, auf Hygiene sowie der Planung und Präsentation von Arbeiten. Neben Grundlegendem aus der Datenschutzgrundverordnung müssen Zahntechnikermeister das Medizinproduktegesetz kennen. Damit muss man sich heute schließlich nicht nur für die Meisterprüfung auseinandersetzen, sondern laufend im Alltag im Zahnlabor.
In Vorbereitungsgesprächen und Kursen in der Akademie in Baden, wo die Prüfungen stattfanden, wurden diese Themen intensiv behandelt, in der Meisterprüfungsordnung sind sie als die zentralen Punkte nachzulesen. In Zukunft wollen wir in der Vorbereitung auf die Meisterprüfung aber noch stärker darauf hinweisen, wie wichtig die neuen Schwerpunkte sowohl für den Meisterabschluss als auch den beruflichen Alltag sind.
Ausbildung wie berufliche Praxis verlangen in der Zahntechnik einen immer ganzheitlicheren Ansatz. Aber die neuen Herausforderungen an unseren Beruf bringen auch viele neue Chancen. Der Beruf kann für junge, vielversprechende Menschen wesentlich interessanter werden, wenn wir ihn als das präsentieren, was er ist: ein hochmoderner technischer Gesundheitsberuf, der wesentlich digital getrieben ist, der sich immer weiterentwickelt und der auch immer mehr Flexibilität im Arbeitsalltag bringen wird, Stichwort Homeoffice. Ausbildung und Fortbildung sind entsprechend der sich rasant verändernden Rahmenbedingungen wichtiger denn je, um neue Perspektiven für die Zahntechnik zu schaffen. Daran arbeiten wir als Berufsgruppenvertretung laufend und mit großem Einsatz. Nur so können wir Veränderungen gerecht werden.
Unser Appell an alle, die in der Zahntechnik erfolgreich sein wollen, lautet demnach: Nehmt Veränderungen ernst – und nehmt sie an. Für eine gute Zukunft der heimischen Zahntechnik.
Euer
Richard Koffu