Editorial Rot&Weiss 3/2021: IN NACHWUCHS INVESTIEREN, ABER...
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in junge Menschen investieren heißt in die Zukunft investieren. Selbstverständlich stimmt das grundsätzlich. Unternehmen können nur so erfolgreich sein, wie gut und engagiert ihre Mitarbeiter sind – und wie gut diese fachlich qualifiziert sind. So ist es auch in der Zahntechnik: Wir brauchen motivierte, umsichtige und bestens ausgebildete Mitarbeiter, die mit den komplexen Anforderungen unseres Berufsalltags umgehen können. Wir müssen darum immer darauf bedacht sein, den Beruf attraktiv und mit Zukunftsperspektiven zu gestalten und Nachwuchs aufzubauen, der kreativ ist und Freude an Neuerungen hat. Kurzum: Wir brauchen junge Menschen, die sich einbringen können und wollen und denen ihr Beruf Spaß macht. In sie zu investieren heißt investieren in die Zukunft.
Leider muss an dieser Stelle ein großes „Ja, aber“ folgen. Viele Zahnlabore haben es nämlich sehr schwer, diese jungen Leute zu finden. Jede Unternehmerin, jeder Unternehmer muss sich genau überlegen, wen sie oder er ausbildet. Einerseits braucht es in der Zahntechnik – jenem Beruf, in dem so umfassend viel gelehrt und gelernt werden muss – junge Menschen, die dazu das Zeug haben. Andererseits werden große Unternehmen aus der Industrie zunehmend zur direkten Konkurrenz mittelständischer Labore, indem sie Zahnersatz als Massenware produzieren. Nur: Sie bilden selbst keine Zahntechniker aus. Das wiederum bedeutet, dass Industriebetriebe und zahnärztliche Praxislabore laufend versuchen, gewerblichen Laboren gute Mitarbeiter abzuwerben.
Von der erwähnten Investition in die Zukunft haben in diesem Fall viele etwas – nur nicht der ursprünglich ausbildende Betrieb. Es kommt also darauf an, gute Lehrlinge zu finden, um sie bestmöglich auszubilden. Danach geht es darum, sie als Fachkräfte zu halten und zu fördern.
Die Zahntechnik ist ein moderner, hochtechnischer Gesundheitsberuf; Innovation in der Dentaltechnologie ist heute maßgeblich digital getrieben. Junge Menschen, die die digitalen Methoden beherrschen, können ihr Wissen auch in anderen Feldern anwenden. Arbeit wird durch die Digitalisierung außerdem flexibler. Jene, die das wollen, werden in der Zahntechnik immer mehr Möglichkeiten haben, sich mit Arbeitgebern auf flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice-Regelungen zu einigen (im neuen Kollektivvertrag ist die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, explizit vorgesehen). Und, nicht zu vergessen: In der Zahntechnik kann man als Fachkraft nach wie vor gut verdienen.
Vieles spricht also dafür, sich als junger Mensch für eine zahntechnische Ausbildung zu entscheiden. Wir müssen daran arbeiten, dass die Zahntechnik auch so attraktiv wahrgenommen wird, wie sie tatsächlich ist. Als Standesvertretung der österreichischen Zahntechniker tun wir das laufend. Wir haben mit Experten verschiedener Fachbereiche ein neues Berufsbild entwickelt, das unseren Beruf klar digital, aber auch patienten- und kundennah positioniert. Das Berufsbild ist europaweit einzigartig und eine wichtige Grundlage
für weitere Schritte Richtung guter Zukunft für die Zahntechnik (siehe Bericht auf Seite 8). Wir haben auf dieser Basis eine neue Lehrausbildung etabliert, in der in einem eigenen, einjährigen Modul digitale Fertigkeiten gelehrt werden. Auch die Meisterprüfungsordnung haben wir zeitgemäß neugestaltet. Klarer Fokus auch hier: digitale Mittel, medizinische Grundlagen, Hygiene und Kommunikation; und damit verstärktes Teamwork zwischen Zahntechnikermeistern, Patienten und Zahnärzten. Aus- und Weiterbildung sind wichtiger denn je, um Schritt zu halten – und um die Zahntechnik attraktiver zu machen. Dazu gehören auch akademische Ausbildungsmöglichkeiten für bestens ausgebildete Zahntechniker und Zahntechnikermeister. Etwa das Masterstudium an der FH Villach, das demnächst startet.
Unser Beruf wird sich weiter wandeln und noch stärker digital geprägt sein – vom Abdruck bis zur fertigen Arbeit. Ohne Methoden wie CNC und 3-D-Druck wird es nicht mehr gehen – künstliche Intelligenz und Robotik werden ebenfalls ein großes Thema werden. Klingt spannend? Ist es auch.
Euer
Richard Koffu