Editorial Rot&Weiss 6/2019: ÜBER DIE RICHTIGEN SCHRITTE
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in ein paar Wochen beginnt ein neues Jahrzehnt. Eines der Themen der vergangenen Jahre war natürlich die Digitalisierung. Sie betrifft nicht nur unseren Beruf und die Art, wie wir ihn in Zukunft ausüben werden – beinahe ausschließlich mit digitalen Mitteln nämlich – sondern auch die Art, wie Menschen sich austauschen. Stichwort soziale Medien.
Es ist immer wieder verwunderlich zu sehen, wie dort mitunter kommuniziert wird. Auch über die Zahntechnik und Standespolitik wird zum Beispiel auf Facebook gefachsimpelt. Leider oft mit eher viel Bauchgefühl und eher wenig Fachwissen. Viel von dem, was sich dort zugepostet wird, geht an Themen, um die es sich vermeintlich dreht, weit vorbei. Es wird viel polemisiert. Und teilweise finden sich auch in den digitalen Medien noch jene Stimmen, die meinen, es werde schon alles so bleiben wie es war, und man könne auch in der Zahntechnik weitermachen wie bisher. Das ist allerdings eine grobe Fehleinschätzung. Unser Beruf hat sich massiv verändert und er wird sich weiter wandeln. Die Zahntechnik ist heute ein moderner, hochtechnischer Beruf, in dem bereits zu einem großen Teil mit digitalen Technologien und innovativen Materialien gearbeitet wird. Bald wird es keine Zahntechnik mehr ohne diese Mittel geben. Das ist aber kein Grund, einer romantischen Vorstellung eines alten Kunsthandwerks, das es so nie gegeben hat, nachzuhängen. Die neue Zahntechnik kann wesentlich attraktiver werden als der analoge Beruf, der sie einmal war. Und sie wird wohl viel eher neue, vielversprechende junge Menschen ansprechen und für eine Ausbildung begeistern. Zahntechnik 4.0 ist nicht mehr staubig, sie ist nicht mehr laut. Zahntechniker werden demnächst kaum noch mit Chemie und Gefahrenstoffen in Berührung kommen, ihr Arbeitsplatz sieht schon heute völlig anders aus.
Alles, was die Zahntechnik auch in Vergangenheit bereits interessant gemacht hat, wird es aber weiterhin geben: Sie bleibt ein spannender Beruf an der Schnittstelle von Medizin und Technik. Zahntechniker werden weiterhin direkten Kontakt mit Menschen haben und mit Zahnärzten und Patienten zusammenarbeiten.
Als Bundesinnung ist es unsere Aufgabe, die Zahntechnik bestmöglich in die Zukunft zu führen und einen Rahmen zu gestalten, der es ermöglicht, den Beruf dafür zu rüsten. Wir haben, was das angeht viel erreicht, aber noch viel tun. Mit der Akademie für Österreichs Zahntechnik in Baden (AÖZ) haben wir ein Ausbildungszentrum, um das wir von vielen Kollegen anderer Länder beneidet werden. Ein vergleichbares, von einer Standesvertretung erfolgreich geführtes modernes Ausbildungszentrum wie die AÖZ ist in Europa einzigartig. Auch darüber hinaus arbeiten wir an Aus- und Weiterbildungmöglichkeiten, die den Beruf nach vorne bringen sollen. Mit dem Masterstudiengang „Digitale Technik“ in Krems, der 2018 stattfand, konnten wir einen wichtigen Schritt in diese Richtung tun. Derzeit arbeiten wir an neuen Möglichkeiten akademischer Ausbildungen.
Anfang Dezember trat der neue Kollektivvertrag für die Zahntechnik in Kraft, der mehr Sicherheit bringt – im Sinne der Unternehmer, aber auch zum Vorteil der Mitarbeiter (Bericht auf Seite 10). In diesem Zusammenhang ist auch das neue, zeitgemäße Berufsbild zu sehen, dass wir umgesetzt haben und in dessen Rahmen eine neue Lehrausbildung konzipiert
wurde. Natürlich wird das Berufsbild zur Zahntechnik 4.0 laufend weiterentwickelt. Auch die Meisterprüfungsordnung, die Zahntechnikermeistern den Zugang zu akademischen Studien erleichtert, haben wir an den Anforderungen der digitalen Welt neu ausgerichtet, siehe Bericht Seite 12.
Die Kompetenzerweiterung (Paragraf 148a GewOrd), die wir 2012 erreicht haben, wird in Zukunft immer wichtiger sein. Die Industrie versucht laufend, uns das Geschäft abzugraben. Zahntechnik kann nur mit besonderem Service punkten. Dazu zählt der intensive Kontakt zu Zahnärzten und Patienten bei der Planung und Umsetzung von Zahnersatz, aber eben auch die Arbeit an Patienten. All das kann die Industrie nicht.
Standespolitik ist mehr, als ein paar Verkaufsveranstaltungen zu organisieren. Es geht darum, Ideen zu finden, sie zu verhandeln, Entscheidungen zu treffen und umzusetzen. In der Zahntechnik geht es momentan schließlich um Existenzielles. Um die Frage: Wie kann der Beruf bestehen, wie überleben? Aufgabe der Bundesinnung ist es, bestmögliche Antworten auf diese Frage zu finden, und entsprechende Schritte zu setzen. Daran werden wir auch im kommenden Jahr arbeiten.
In diesem Sinne wünsche ich Euch erholsame Feiertage und danach ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2020.
Euer
Richard Koffu