Editorial Rot&Weiss 5/2022: DAMIT WIR UNS WEITER EINSETZEN KÖNNEN
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Zahntechnik hat sich verändert – und sie wird es weiter tun. In Zeiten der zunehmenden Digitalisierung ändern sich so gut wie alle technischen Voraussetzungen, unter denen wir arbeiten. Was gestern noch in kleinteiliger Handarbeit gefertigt werden musste, entsteht nun – nach reiflicher Planung durch uns als Experten – in ganz neuen Verfahren. In modernen Zahnlaboren ist es weder laut, noch staubt es, da wird Zahnersatz auf digitalem Weg geplant und umgesetzt, da fließen die Daten zwischen Zahnarzt und Zahntechniker auf eben diesem.
Diese neue Welt verlangt aber natürlich, dass man sie kennenlernt, dass man sich auf sie einlässt, und lernt, die neuen Mittel mit dem zusammenzubringen, was in der Zahntechnik schon immer wichtig war: Fachkenntnis und Gespür, das Teamwork im Dreieck Zahntechnik-Patient-Zahnarzt und der Wille, gute Arbeit zu leisten. Eine gute Ausbildung und die Bereitschaft, immer wieder dazuzulernen, war in unserem Beruf ebenfalls schon immer essenziell – in der neuen Gemengelage kommt dem allerdings eine umso größere Bedeutung zu. Ohne Ausbildung kein Fachwissen, ohne Weiterbildung keine neuen Herangehensweisen im Arbeitsalltag. Als Berufsgruppenvertreter der österreichischen Zahntechniker sehen wir eine unserer ganz großen Aufgaben darum darin, den best- möglichen Rahmen für Aus- und Weiter- bildung zu schaffen. Und wir stehen, was das angeht, heute gut da. Mit der Akade- mie für Österreichs Zahntechnik (AÖZ) in Baden haben wir eine Top-Ausbildungsstätte, die auch international angesehen ist. Gleiches gilt für das neue Berufsbild Zahntechnik, das wir in den vergangenen Jahren erarbeitet und etabliert haben, es gilt auch für die Lehre neu und die Meisterprüfungsordnung, die am NQR-6-Rahmen ausgerichtet ist. Da sind wir im internationalen Vergleich ganz vorne. In Österreich lernen Zahntechniker darum am neuesten Stand der Technik und am Puls der Zeit.
Das neue Masterstudium an der Fachhochschule Villach ist ein weiterer großer Schritt zu noch besser und umfassender ausgebildeten Dentalexperten in der heimischen Zahntechnik. Im nächsten Februar läuft der Lehrgang an (siehe Berichte Seiten 10/11). Das Studium ist so angelegt, dass es berufsbegleitend absolviert werden kann. Mit seinen hochspannenden theoretischen und praktischen Inhalten ist es eine Bereicherung für jeden Studenten – aber auch für die heimische Zahntechnik generell. Solche Maßnahmen können wir nur umsetzen, wenn wir als Standesvertretung, die aus erfahrenen Unternehmern, die allesamt Zahntechnikermeister sind, autonom für unseren Beruf arbeiten können. Leider müssen wir derzeit darum kämpfen, dass es wieder wird, wie es war, denn aus der Bundesinnung der Gesundheitsberufe, zu der auch die Zahntechnik gehört, gibt es von Einzelnen Bestrebungen, uns in unserer Arbeit einzuschränken. Wir haben hier ausführlich davon berichtet. Jedenfalls muss es, wenn es nach uns geht, bald wieder eine völlig eigenständige Zahntechnikerinnung geben. Nur so können wir bestmöglich für unseren Beruf arbeiten und ihn fit für die Zukunft machen. Dazu gehört auch, dass wir weiterhin autonom über alle Angelegenheiten, die die AÖZ betreffen, entscheiden (siehe Bericht Seite 8). Es freut uns sehr, dass so viele Kolleginnen und Kollegen uns in auf diesem Weg unterstützen: In kürzester Zeit haben uns Unterstützungserklärungen aus beinahe 50 Prozent der österreichischen Mitgliedsbetriebe erreicht, wofür ich an dieser Stelle herzlich danken möchte. Sollten wir in Zukunft daran gehindert werden, im Sinne der Zahntechnik zu arbeiten, müssen wir allerdings Konsequenzen ziehen. In diesem Fall, so haben wir es bei unserer letzten Innungssitzung beschlossen, würden Funktionäre und Prüfer in der Akademie in Baden ihre Arbeit ruhen lassen. Die Verantwortlichen in Wirtschaftskammer und Ministerium müssen dann auf andere Weise für ordnungsgemäße Lehrabschluss- und Meisterprüfungen sorgen. Dass das nicht ohne Weiteres funktionieren kann, zeigte das Beispiel Wien. Alle Prüfungen im Herbst mussten dort kurzfristig abgesagt werden, weil die dortige Lehrlingsstelle keine geschulten Prüfer für die Prüfungskommission nominieren konnte. Es wäre mehr als ratsam, dass Prüfungen für Wien künftig gemeinsam mit allen anderen Bundesländern in Baden abgenommen werden. Wir hoffen, dass die für Wien zuständige Lehrlingsstelle das im Sinne der Prüflinge unterstützt. Natürlich wollen wir nicht, dass es auch in Baden so weit kommt und keine Prüfungen mehr stattfinden, sondern werden weiter gemeinsam eine Lösung suchen und finden. Diese gibt es aber nur mit einer Zahntechnikervertretung, die ihrerseits ihren Kernauftrag bestmöglich erfüllen kann: nämlich im Sinne der heimischen Zahnlaborbetreiber und ihrer Mitarbeiter zu arbeiten. Für die Zukunft von Österreichs Zahntechnik.
Euer
Richard Koffu