Editorial Rot&Weiss 3/2019: GUTE AUSSICHTEN FÜR DEN RICHTIGEN NACHWUCHS
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
manche meinen immer noch, digitale Technik wird sich nicht durchsetzen. Sie glauben, dass die Zahntechnik ein analoger Beruf bleiben wird, ein Handwerk in klassischem Sinn. Allerdings liegen sie damit völlig daneben. Tatsächlich ist es so: Digitale Technologien haben sich bereits durchgesetzt – auch in der Zahntechnik. Ja, auch analoges Arbeiten wird es noch eine Zeitlang geben, allerdings kaum als eigenständiges Geschäftsmodell, sondern eher als Nischenangebot weniger Anbieter, die Besonderes – geschichtete Keramik etwa – an Abnehmer liefern, die sich das entsprechend mehr kosten lassen. Doch auch in dieser Nische wird es nicht ohne neue Technologien gehen. Die Digitalisierung bestimmt längst, wohin sich unser Beruf entwickelt. Wir haben jetzt die Möglichkeit, ihn breiter aufzustellen und mitzugestalten, wie und von wem Zahnersatz in Zukunft hergestellt wird. Diese Chance müssen wir nutzen.
Die Zahntechnik von morgen, so sehen wir es als Bundesinnung, ist ein hochmoderner Beruf, in dem weitestgehend digitale Technologien und viele neue Materialien genutzt werden. Zahntechniker werden digital arbeiten, aber im Alltag Kontakt mit Patienten haben. Sie werden nicht nur im Labor tätig sein, sondern auch in Zahnarztpraxen – oder aber daheim, im Homeoffice. Zahntechniker sind in Zukunft nicht einfach Zahntechniker, sondern Experten für digitale Technologien. Sie werden dadurch neue, berufsübergreifende Karrierechancen haben und in einer flexibleren Arbeitswelt beschäftigt sein, in der
sie Arbeit und Freizeit besser organisieren können. So eine Zahntechnik ist für junge Menschen attraktiv. Und ohne vielversprechenden Nachwuchs wird es den Beruf nicht mehr lange geben.
Wir müssen diese Vorzüge daher kommunizieren, um jene Lehrlinge zu bekommen, die wir brauchen. Die Bundesinnung finalisiert gerade den Qualifikationsrahmen der Meisterprüfungsordnung, die damit einem Bachelorstudium gleichwertig wird. Außerdem werden die Lehrabschluss- und die Meisterprüfung mit klarem Fokus auf digitales Arbeiten neu aufgestellt (siehe Bericht Seite 10).
Ein klarer Arbeitsschwerpunkt der Innung liegt generell in der Aus- und Weiterbildung. So rüsten wir etwa in der Akademie für Österreichs Zahntechnik (AÖZ) in Baden laufend auf und wollen neue – auch akademische – Zusatzausbildungen für Zahntechniker und Meister in Österreich schaffen. Ab dem Spätsommer werden wir in der AÖZ ein umfassendes Programm an geförderten Kursen für Unternehmer und motivierte Mitarbeiter, die sich in der Arbeit mit digitalen Mitteln weiterbilden wollen, anbieten. Wir hoffen, dass viele dieses Angebot wahrnehmen, denn ohne digitale Fertigkeiten gibt es in näherer Zukunft keine Zahntechnik mehr. Und ohne passenden Nachwuchs, wie gesagt, ebenso- wenig. Wir hoffen daher auch, dass wieder mehr Betriebe Lehrlinge aufnehmen und diese speziell ausbilden. Mit unserem neuen Berufsbild, das seit vergangenem Sommer in Kraft ist, sind wir europaweit Vorreiter – nicht nur, was die digitale Ausrichtung des Berufs angeht. In Deutschland und anderen Ländern beginnt man erst jetzt, sich über ein zeitgemäßes Berufsbild Gedanken zu machen. Die Zeit eingerechnet, die Entwicklung und politische Umsetzung brauchen werden, wird es die ersten Absolventen einer neuen Ausbildung also erst in etwa acht Jahren geben. An Fachkräften mangelt es allerdings schon heute längst.
Derzeit laufen auch die Verhandlungen um den Kollektivvertrag für Zahntechniker. Sobald es eine Einigung gibt, werden wir Euch umgehend und umfassend informieren. Die neuen Gehaltsstufen werden, ausgehend vom neuen Mindestlohn von 1500 Euro, verhandelt. Auch Anbieter von Dumpingpreisen werden es damit in Zukunft schwerer haben, Billigprodukte auf Kosten schlecht bezahlter Mitarbeiter zu verschleudern. Gewerberechtliche Geschäftsführer und Zahntechnikermeister werden im neuen KV ebenfalls aufgewertet und müssen gemäß ihrer Ausbildung und der Verantwortung, die sie tragen, entlohnt werden.
Auch im neuen KV sehen wir eine Chance für die Zahntechnik: Digitale Technologien und entsprechende Gehälter machen den Beruf attraktiver. Daran sollte uns allen gelegen sein.
Euer
Richard Koffu